Der Ehemann über die ehelichen Pflichten der Frau
Nachdem seine Verlobte 1899 das Aufgebot bestellt hat und er es nach ihr unterschrieben hat, erläutert er ihr, wie er dieses Verhältnis sieht (in heutiger Rechtschreibung, auf Abweichungen wird im Ausnahmefall hingewiesen.):
"[...] Lass mich auf die Hauptpunkte dich aufmerksam machen, wodurch dein Leben sich unterscheidet gegen früher.
Doch vorher muss ich noch etwas erwähnen: Das Folgende ist einfach die Folge deiner Verheiratung und hat mit unserem Christenleben garnichts zu tun. Das bedenke wohl, damit du mir nicht mit allerhand Vorstellungen kommst.
1. Du hast keinen eigenen Willen mir gegenüber zu vertreten, sondern hast dich meinen Anordnungen zu fügen, wenn ich es anders bestimme.
2. Du darfst nichts allein tun, sondern hast meinen Rat und meine Erlaubnis, in allen Dingen einzuholen. Denn ich allein bin für das verantwortlich, was in meinem Haushalte geschieht.
3. Damit kommt zur Sprache, dass du zu mir gehörst und nicht ich zu dir. Du hast fortan Hanna [sein Familiename]. Damit bist du mir untertan, untergeordnet und genießt dafür meinen rechtlichen Schutz und Versorgung.
4. Du bist Frau und hast dich von dem ein für alle Mal loszusagen, das den Mädchenherzen wohl gestattet ist.
5. Du bist Weib und Gattin und hast danach zu handeln, besonders aber darauf zu achten, dass mir kein Schaden durch dich entsteht, sei es an meiner Ehre, meinem Ruf, meinem Haushalte, meinem Beruf, meinem Leibe und meiner Seele.
Nachher hüte dich vor allem davor, lächerlich dich und mich zu machen. Einem Mädchen verzeiht man vieles, was man bei einer Frau – und sei sie nun jung oder alt, kurz oder lang verheiratet – strenge, tadelt und bespöttelt. – – Das würde übrigens mich dir in ganz kurzer Zeit entfremden. Das Eheleben ist ernst und verlangt viel.
6. Du hast mir zu folgen und musst bei mir bleiben, solange du keinen rechtlichen Grund zur Trennung unserer Ehe vor dem Richter findest.
Hast du dies dir durch den Kopf gehen lassen, als du unser Aufgebot last? Hast du den Herrn, unseren Gott um Kraft gebeten, dass es dir gelänge und deinem Mädchen leben endgültig mit deinem Mädchenleben, endgültig und mit deinem trotzigen Willen endlich zu brechen. Hast du bedacht, dass alle jene 6 Punkte von dir bei der Unterzeichnung des Aufgebotes mit unterschrieben sind, denn jene Punkte sind deine Ehepflichten, hast du das bedacht? – Ich möchte es sehr bezweifeln. Ich habe Grund, viel Grund zu fürchten, dass du mir Anlass gibst, von meinem Rechte als dein gestrenger Eheherr Gebrauch zu machen.
Oh, viel lieber sähe ich das Recht nur auf dem Papier, in der Theorie! [...]
Ich möchte dich aber darauf aufmerksam machen, dass du "mit der Zeit" bei mir gar nichts erreichen wirst, denn wenn ich etwas gesagt habe, dann habe ich mir die Sache überlegt. Und dann weiß ich, was ich will. [...]"
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